Zeitschrift für Sprungkraft und Leuchtstoff

Dass wir durch den Nebel regnen

Und ekel fließt der schlechte Honig der Gedanken auf das Butterbrot der Schrift. Und Schrift ist keine Kunstform. Schrift ist eine billige Kopie auf Presspapier von etwas Echtem. Der feurigste Roman, das schuldigste Gedicht, das sind nur trockene Kreiden auf der Schultafel von Landvermessern und Geometern und Staubhaufen auf Apothekerwaagen und destilliertes Wasser. Schauen Sie sich die Jahrhunderte an! Kein einziges gutes Blatt. Kein einziges treffendes Bild. Überall ist Schrift und jede Serife, jede Punze verseucht und heimgesucht von Infektion Gedanke. Ich denke also bin ich. Ich lache über diesen schmalen Vers. Es kann nur die cartesianische Schnörkelei des Todeswunsches sein. Der Gedanke tötet alles Leben. Er tötet auch die Kunst. Im Gedanke verödet alles Streben. Der Gedanke flötet durch den Dunst. Er betäubt, er schläfert ein. Er drängt Systeme auf, Strukturen und Figuren und korrekt gestellte Uhren. Er bringt die Dinge auf den Punkt. Doch sind sie erst einmal auf dem Punkt, kann keine Fantasie, kein Pegasus und Atlantis sie zurückholen nie mehr. Sind die Dinge denn alleine Punkte, dass man sie mit diesen Insektenaugen erfassen kann, diesen Stechmückenaugen, Heuschreckenaugen des Gedankens, dem ungebetenen Sauger mit seinen stechend-schlürfenden Mundwerkzeug im Blumengarten des Bewusstseins? Sind wir denn die Götzendiener und Ketzer des Rationalismus, dass wir die Gedanken so sehr lieben sollten? Überall lauert der fahle, abgestandene Geschmack der Reflexion, stellt uns nackt auf einen Schrottplatz und hält uns einen abgebrochenen Spiegel vor, in dem sich ein Geschmiere zeichnet, ein schütteres Gewirr, man nennt es Identität. Die Kerze des Gedankens macht helle Räume dunkel. Gedanken, ekelhafte Asseltiere, sie fallen übereinander herum, begatten sich, hinterlassen ihre ineinander schleimenden Innerereienausstülpungen, Fäden aus Wattwurmschlick, sie bilden, ja, Systeme, hängen unter einander ab, bilden Spinnweben vor Kellerfenstern, sie knüpfen sich zu einem Fusselnetz, das tollwütig durch das Brackwasser sickert und nur schlammverstopfte Gummistiefel und verwittertes Abfallgut zu Tage fördert. Durch welche Fülle, welche Alpen an Gedankenschrott muss man sich wühlen, um das Gefühl freizulegen. Monate vergehen, in denen man umerhirrt in kopfischen Gespinsten, bis man eines Abends vielleicht oder eines Morgens wieder fühlen kann. Und eingehüllt ist man, in die Schwaden übelriechenden Gestanks der Sprache, diesem besoffenen Leierkasten, man spürt die Blasen durch den Darm wandern, man kann nicht mehr atmen, es schnürt einem die Gurgel zu, es zerknittert einem das Gesicht. Wir haben keine Würmer, wir haben Sprache, wir ersticken in ihrer Schlacke, ihre Fäulnis macht uns die Schläfen morsch. Man leidet nicht am Leben. Man leidet an Alles in das rechte Wort zu weben und richtigen Namen geben. Oh Gehirn, so schenke mir einen einzigen Gedanken nur, ich brauche noch den einen, nur den letzen, mache mich zum glücklichsten Narr unter den Kranken, zum schönsten unter den Aussätzigen und Ausgesetzten!
Wie fassungslos müssen wir also dem Satz 'Erst denken, dann sprechen' gegenüberstehen? Ist das die taube Anweisung, welcher Dunkelheit und Schlüpfrigkeit man den Vorzug geben soll?

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Geile Bilder, die du da malst! Genug gedacht... hab ich jetzt auch begriffen.

Anonym hat gesagt…

Antwort auf „Dass wir durch den Nebel regnen“:

SEINSGEBUNDENHEIT
Ist es noch möglich, kann man diesen Wahnsinn überhaupt zulassen, sich zu bewegen, frei von Zwang, getragen von der Leichtigkeit des Seins, des nicht Existenten? Wäre es nicht schön, zu fliegen, befreit von den Fesselkünsten, der eigenen Hand, die doch dem Kosmos da herum, dem Äußeren entsprechen. So gehen sie unter, verschmelzen mit all unserem Sein, werden Teil dessen, was WIR sind. Die konstruierten Laster, laut Anweisung zu tragen, bis dass der Tod uns scheidet, lassen Erwartungen verzerrt hervortreten, aus andern Provinzen, fernab jeglicher Greifbarkeit, Sprache transzendiert sie ins Unermessliche. Was meinte ich grade? Als Objekt können wir uns formen, gefühlte Rationalität verleitet uns dazu, unsere eigene Show zu besuchen, schlimmer noch, unausweichlich liegt sie vor uns, ausgeleuchtet mit grellen, flackernden Neonröhren. Zum Zirukusclown werden. Die Schminke bröckelt, jeder sieht ´s, besonders der Spiegelreflex, ist aber nicht schlimm, die Inszenierungskonzepte der Anderen beschäftigen eine Weile, dass es vorüberzieht, in die nächste Sphäre professioneller Unprofessionalität in LEBEN.
Da ist doch was, da ist doch irgendwo was, nur gelernt es zu missachten, zu verwachsen ist das verloren geglaubte Tal der Drahtverwirrungen. Hass ist ein mächtiges Gefühl, dessen Pfeiler nicht durch konstruierte Machtspiele untermauert werden sollten.
Flieg´ Täubchen, flieg´!!

Anonym hat gesagt…

Der eine lügt, der andere trügt. Aber das hier hat Eicheln gegessen, es riecht nach Cerdo Iberico, nicht diese fade Jamon Serrano Sache aus dem Frischeregal. Sogar in Scheiben hast dus geschnitten, nur unklar warum du das Verfallsdatum zurückdatiert hast.
Reiste es mit in das Morgengrauen?