Zeitschrift für Sprungkraft und Leuchtstoff

Begründung meines Willens zum Wiedereintritt in die katholische Kirche

Natürlich kann man aus der Kirche austreten. Das steht jedem frei, bringt einige Vorteile, allerdings auch Nachteile. Einer davon ist, dass man beispielsweise einen Partner kennen lernen kann, der sehr viel Wert auf eine kirchliche Trauung legt. Auch wenn man Taufpate sein möchte, geht das unter Katholiken nur, wenn man selbst getauft ist.
Ich dachte vor einigen Jahren fatalerweise aus der Kirche austreten zu müssen. Ich hatte damals nämlich ein Jahresgehalt von 80 T€ netto, und da stieß es mir unangenehm auf, hundert Euro Kirchensteuer im Monat zu zahlen, über dessen Verwendung mich der Pfarrer des hiesigen Dorfes auch innerhalb eines fünfstündigen Streitgesprächs nicht plausibel unterrichten konnte. Leider mündete das Gespräch damals in gröbsten Handgreiflichkeiten, so dass ich berufsunfähig wurde. Glücklicherweise hatte ich mich zuvor gegen solch ein Ereignis versichert. Jedenfalls lernte ich bei der Reha meine Therapeutin Dagmar kennen, um deren Hand ich letztes Jahr anhalten wollte. Leider war Dagmar total katholisch! Sie wollte also unbedingt eine kirchliche Trauung.
Wer in die katholische Kirche wiedereintreten möchte, hat allerdings einige Schwierigkeiten zu bewältigen. Unter anderem muss man den Wunsch sehr ausführlich und schriftlich begründen. So musste ich damals also einen Text verfassen und an den örtlichen Pfarrer richten.
Glücklicherweise saß der Pfarrer von damals wegen Veruntreuung von Steuergeldern im Kitchen. Nein, nein, es ging nicht um die Kirchensteuer, auf die hatte er gar keinen direkten Zugriff. Er handelte damals mit Männern, und rechnete nicht korrekt mit dem Fiskus ab. Er dachte auf Männer werden 4% Mehrwertsteuer erhoben, dabei sind es doch nur noch 3%. Ich weiß das, weil ich mir damals mein Studium mit dem Handel von Männern finanziert habe.
Wie dem auch sei, bei dem neuen Pfarrer hatte ich gute Chancen. Der ist sowieso sehr nett. Folgender Text wurde von ihm akzeptiert. Naja, ich habe ihm natürlich auch ein Fass Rotwein aus der Rioja in den Hof gestellt. Egal. Die Liebe zu Dagmar ist jetzt amtlich. Und weil ich mich mit vielen Menschen unterhalten habe, die auch zurück zur Kirche wollten, weiß ich dass viele an diesem Schreiben scheitern. Aus geheuchelter Liebe zu meinen Mitmenschen veröffentliche ich mein Schreiben, quasi als Muster, hier im Internet. Zum Verständnis sage ich, dass ein Kunstgriff darin besteht, meine Taufe schon vorauszugreifen, also so zu tun, als wäre das Schreiben schon akzeptiert worden.

Ich lese gerne. Vor hundertfünfzig Tagen zum Beispiel habe ich in einem Buch (und nicht etwa vom Feld) gelesen, dass monokausales Denken - wenigstens statistisch - das Überleben in der Altsteinzeit wahrscheinlicher machte. Ich kann mir zwar nicht besonders konkret vorstellen, welche Methoden im Einzelnen zu diesem Ergebnis (Behauptung) geführt haben. Aber wenn es denn stimmt, dann komme ich als Selbstreflexionskrüppel der Familie (den Spitznamen habe ich von meinem Bruder) zu dem Befund, dass ich in der weiteren Evolution keine Chancen haben werde. Unter der Voraussetzung, dass sich die Situation seit der Altsteinzeit nicht verändert hat. Und hier kann ich mir noch viel weniger konkret vorstellen, wie man das ausdrucksvoll nachweisen kann. Es geht nicht. Wir leben strukturell immer noch in der Altsteinzeit. Dachte ich bisher, aber dazu unten mehr.
Außerdem. Ich bin auch nur ein Mensch. Das heißt, ich verdränge unangenehme Wahrheiten, und zwar aus dem tieferliegenden Grund, dass ich mich selbst ziemlich geil finde (Psychologie). Deshalb habe ich mich also taufen lassen. Denn Christentum und Evolutionstheorie geht zusammen nicht klar.

Aber zunächst ein kleiner Nachtrag zu den obigen prähistorisch gesonnen Ausführungen: Die Clovis-Kultur des nordamerikanischen Kontinents, die älteste dort angenommene menschliche Besiedlung, wird in ihrem Alter auf etwa 11.000 Jahre datiert. Es tauchen, wie immer in der Archäologie und Paläoanthropologie - und diese Behauptung werden alle Ahnungslosen mit mir teilen - immer mal wieder angeblich stichhaltige Ergebnisse irgendwelcher (amerikanischer) Wissenschaftler auf, die belegen, dass der Mais im Osten der heutigen USA noch früher als bisher angenommen domestiziert wurde, dass die Aubergine im Gebiet des fruchtbaren Halbmondes noch früher als der Emmerweizen kultiviert wurde und dass es den Hund schon im Ordovizium gab (also lange vor dem Menschen, so dass man sagen kann, dass der Hund den Menschen wohl als Haustier gehalten hat in der coolen Prähistorie und sich der Mensch aber dann doch behaupten konnte, jedenfalls bei oberflächlicher Betrachtung der heutigen Verhältnisse), das heißt, irgendetwas ist erwiesener Maßen immer noch älter. Wenn man diesen profilierungsgeilen Wissenschaftlern glaubt.
Jetzt hat man also vor einigen Jahren versteinerte Scheiße gefunden, die uns sagt, dass es vor der Clovis-Kultur Siedlungen gab in Nordamerika. Versteinerte Scheiße. Erstaunlich. Denn es handelt sich hierbei ja, und dass ist viel wichtiger als die komische Eventualität einer Präclovis-Kultur, um den ersten Nachweis menschlicher Kultur, der mir zu Ohren gekommen ist überhaupt. Es gibt also tatsächlich so etwas wie Kulturgut. Das hätte ich mir, als studierter Geologie (diese Disziplin handelt von verschissenen Steinen) und dementsprechend überzeugter Naturalist nicht träumen lassen. Nun mag man einwenden dass Opern von Verdi oder die überlieferten politischen Ansichten eines Catull oder Octavian Kulturgut seien. Aber im Unterschied zu Musik ist Scheiße messbar. Außerdem, und hier schließt sich für mich der Kreis, befinden wir uns damit, seit diesem ersten nachgewiesen Kack, per definitionem nicht mehr in der Altsteinzeit. Denn Kultur ist mal voll nicht monokausal.

Ja - und damit greifen wir den zweiten begonnen Kreis auf -, ich finde mich geil. Das liegt zwar hauptsächlich daran, dass ich ein Mensch bin, und deshalb dumm, wobei sich das Dumme immer geil findet, beziehungsweise, dass Geile das Dumme ursächlich und als Telos erst begründet, es liegt aber auch daran, dass ich dumm bin. Womit also gesagt ist, dass es eventuell Dummheit außerhalb des Menschen gibt. In diesem Sinne ist es erst verständlich, warum es ordentlich ist, jemand unmenschlich zu nennen, und zwar einfach deshalb, um darauf zu verweisen, dass sich dieser Mensch, auch noch die unmenschlichen Quellen der Dummheit zu eigen machen konnte.
Es wäre monokausal gedacht, zu sagen, der Mensch sei nur deshalb dumm, weil er ein Mensch ist. In der Altsteinzeit mag das ausgereicht haben. Spätestens seit der Geburt des heiligen Heilands ist aber klar, dass dies nicht mehr hinlänglich ist, die menschliche Dummheit zu begründen. Seit den zärtlichen Ereignissen im Zusammenhang mit Jesus wissen wir, dass das Unmenschliche schlechthin das Göttliche ist, zumindest teilweise, und dass der Mensch zusätzliche Dummheit nicht aus dem Nichts heraus schöpfen kann, sondern direkt aus der göttlichen Sphäre, unter anderem.
Weshalb habe ich mich also taufen lassen? Weil es nicht reicht, das Jagen und Sammeln eingestellt zu haben, um zu beweisen, dass die Altsteinzeit vorbei ist, also dass man jetzt nicht mehr nur noch aus einem einzigen Grund dumm ist, dass man jetzt nicht nur von den Feldern liest, sondern auch aus Büchern. Hauptsächlich aber weil ich auch was abbekommen will von der Evolution. Das Christentum glaubt nämlich, die Evolution gehöre ihm ganz allein, und ich weiß ja auch nicht von wem die versteinerte Scheiße genau kommt. Also die mögen sich halt nicht.
Ich will doch auch nur was von der Evolution. Ich liebe dich, Dagmar!

Bemerkung: Das mit dem versteinerten Kot ist nicht erfunden. Ja, das erste Zeugnis des Amerikaners... In der onlinischen Süddeutschen ist das nachzulesen. Und versteinerter Kot war ja bei ebay sogar schon käuflich. Wann zieht der Einzelhandel nach? Wann, oh wann begreift er endlich?

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