Zeitschrift für Sprungkraft und Leuchtstoff

Autobiograpefruit

Ich habe etwas gemacht, dass dazu geführt hat, dass mein tägliches Geschreibe zur Erfassung tatsächlicher Ereignisse wesentlich umfangreicher ausfällt als die üblichen kurz notierten wenigen Sätze. Schön zu sehen, - denn ich habe es gerade vor mir - wie ich mir auf der letzten Seite Mut zurede, mir die Möglichkeiten vor Augen führe, die mir, wenn alles schief laufen wird, noch offenstehen. Beruhigend, worauf ich zurückgreifen kann. Wirklich lieber doch weiter studieren? Ich könnte immerhin fast alles auf - boring - Donnerstag legen. Und schön zu sehen, wie meine Stimmungen oszillieren, eigentlich sind es gar keine Stimmungen, sondern nur noch Schwankungen. Jetzt gerade will ich Strassenmusiker werden. Und Autor sowieso. Im Ernst und dabei die Resultate meiner jetzt so richtig anzukurbelnden Schriftstellerei zum Verkauf bieten, auf offenen Plätzen dieser sagenhaften Stadt. Ich sitze in einem Zimmer, das nicht meines ist, und gegenüber des Lichthofes besteht die Möglichkeit, den Vorhang über den Blumentopf zu heben, um ihn zur Seite ziehen zu können. Dann bin am anderen Fenster ich zu sehen, durch einen dünnen Spalt im Vorhang, der in "meinem" - is' ja gar nicht mein's hihihi - Zimmer bisschen abhängt. Man wird mich Gitarre spielen sehen bei schwachem Licht. Plötzlich bin ich bei meinem Geklimpere wieder kreativ. Kein Vergleich zu John Maus (anhören!), aber für meine Fälle wunderbar. Auch der Gesang ist nicht ohne. Bin ich gerade nach dem angedeuteten Schritt, den ich unternommen habe, so bodenlos, und deshalb inspiriert? So bin ich das? Vielleicht bin ich im Moment aber auch nur physisch außerordentlich gestärkt: Vorhin habe ich Waldpilzcremesuppe gegessen. Außerdem - das bedeutet schon etwas, hab' ich mir nämlich selber gemacht, denn die letzten beiden Tage, seit dem ich mich d a z u entschieden hatte, bin ich nur umhergesessen und hab' mein Pseudo-Tagebuch damit angeödet, dass ich ja eigentlich meine Ruhe will, und mich übernommen habe und dann die Frage in den Raum gestellt, warum ich so heiß sein sollte, einen Job an der Baumarktkasse anzutreten. Zum Beispiel. Oder in der Altenpflege als Aushilfe. They call it Freiheit? I call it Baumarktkasse. Das habe ich kurz nach einem kleinen Stimmungshoch geschrieben, nachdem ich "Freiheit" oder soetwas dergleichen wahrgenommen hatte, in mir drinnen oder weiß der Berliner Bär wo. Ich habe mich dazu entschieden, an meiner Entscheidung zu zweifeln, scheinbar ganz gleich welche das denn nun ist. Ich habe zweihundert Euro abgehoben und bin nach Berlin gefahren. Ich suche mir hier eine Bude und einen Job. Das war so im Grundriss der Gedankengang. Good Luck Arschloch. Ganz schön naiv. Einerseits. Anderseits war ich dazu gezwungen. Ich habe nämlich leider keinerlei Idee, was ich denn anfangen soll, mit dem bisschen Zeit, dass mir Gott lächelnd geschenkt hat (mein Leben). Ich habe für meine Kinder später einen ganz großartigen Tip: Nicht zu wissen, was du machen sollst, ist überhaupt kein Problem. Nicht zu wissen, worauf man Lust hat, ist eventuell sogar ziemlich normal. Aber eines ist zu beachten. In dieser Situation machst du nämlich irgendetwas und zwar mit aller Gewalt, du musst was machen, ist das klar? Und was es ist, wirst du mit Denken nicht ermitteln können. Lethargie wird dazu führen, dass du fast fünfzig bist und auf Staatskosten dein Dasein fristet und dich darüber beklagst, dass du mit deinem Leben nichts anstellen kannst oder konntest. Ist das nicht ein etwas anmaßender Gedankengang, ich meine zu sagen, ich weiß nicht wozu ich bestimmt bin und so weiter, worauf habe ich denn eigentlich Lust? Sag' dass mal einem Bäckerlehrling anno 1950. Sag' das mal irgendjemanden, der ein Schicksal hatte. Guter Tippp nur halte ich mich selber nicht dran? Ich fahr' ja in wenigen Wochen oder vielleicht schon viel früher sowieso wieder nach Hause. Cooler Typ ich, oder? Und eins noch mein Kind, nimm bloß meine Tipps nicht ernst. Und wenn du mit fünfzig unglücklich bist, dann hast du schon ziemlich viel erreicht.
Woah geil da drüben steht ja ein Kohleofen!!!
Ich wusste gar nicht, dass Kohleöfen so heiß werden, welcher Otto Lilienthal ist zudem auf die Idee gekommen, die Klappe aus Gußeisen zu bauen. Warum nicht aus Holz. Dann würde man sich nicht die Finger verbrennen, sondern das ganze Haus. Ein erster Fall von Abenteuer. Vorgestern haben wir 25kg schwere Kohlepäcke aus dem Keller in den dritten Stock geschleppt. Ist das das wilde Leben? Oder gestern? Der Pepperoni-Wodka in der Kneipe war beachtlich. Und der Mensch, der gemeint hat, klar kann ich dir vermitteln, der zehntägige Kurs ist kostenlos und dann betreust du nachtschichtmäßig alte Menschen. Die schlafen eigentlich eh nur. Ich meine, jetzt wo ich mich entschieden habe, sollte ich es auch durchziehen, oder? Ja genau und in diesem Slang zu denken und zu reden ist der Kickstart! Durchziehen! Ich habe dermaßen keine Ahnung. Und Schiss natürlich auch. Ich denke, ich werde mir den Satz "Ist Handeln trotz Denken möglich?" auf den Rücken tätowieren lassen. Obwohl, wirkt wahrscheinlich komisch auf die Tauben, die über mich hinwegfliegen, und Ansätze von Buchstaben aus dem T-Shirt herausragen sehen. Die verwandeln sich dann vor lauter Staunen in kleine Elvis Presleys und singen Love Me Tender Love me Sweet. Und Rockmusik ist schlecht für den Sozialismus. Ich werde in der Fussgängerzone fragen, ob ich Passanten das eintätowieren darf. Hoffentlich sagen die mir dann nicht, dass das dann alle Tauben sehen würden, und sich in kleine Elvis Presleys verwandeln, und Rockmusik ist schlecht für die Ohren. Sind Ohren eigentlich neidisch auf Augen? Die Lampe gegenüber blendet mich. Da sind meine Ohren gerade bestimmt nich' neidisch darauf. Andererseits habe ich vorhin, moment ich muss erst nachschauen, die piano concertos No. 1 & 2 von Mendelssohn, gehört. Da haben meine Augen wahrscheinlich jetzt noch Schadenfreude. Geilo ich bin in Berlin. Was soll ich hier. Ja nichts! Neukölln wirkt in seiner zugeschneiten Tristesse so um 20 Uhr, in der Dunkelheit, in etwa so wie der Planet Pluto, bloß dass hier wirklich n u r Steine am Strand liegen. Die Nebeldecke hängt kurz über den Häusern, der Himmel macht Wasser in allen Aggegratszuständen hinab, zusammen mit dem Dreck ergibt sich Matsch. Tonnenweise Matsch und Fahrradreifen auf verkrusteten Eisplateaus. "Man kann euch fast nich' sehen", hat der Autofahrer gestern durch die heruntergekurbelte Scheibe gesagt. Heute bin ich mit einem Damenrad zum Gendarmenmarkt gefahren. Ein 15jähriger würde in dem Fall erneut von einem Abenteuer sprechen. Ich war lange unterwegs. Und konnte auf den Funkturm schielen und bin an irgendwelchen Spreeufern entlanggefahren. Ich frage abermals. Was soll ich hier. Ich kann mich nicht dazu entscheiden, meine Entscheidung durchzuziehen. Ich meine, dabei zu bleiben. Ich will gar nichts. Ich will zurück, nein doch nicht. Nein, doch, nein. Ich hasse mein Gehirn, möglicherweise habe ich auch eine schlechte Erziehung genossen. Eins sage ich euch, meine Kinder werden mal zu so richtig kleinen scheiss Draufgängern erzogen. Die ersten Vertragsabschlüsse mit 12, Auslandserfahrung mit 13, erste Bandauftritte mit 14, Deutschlandtournee mit 15, Abi mit 16, später Promotion und Meister in einem modernen Handwerk nach Wahl, Platin-Platten, und dann halt, klaro, was sonst, den Ingeborg-Bachmann Preis für junge Dramatik. Vielleicht gibt es so etwas wie Entscheidungen gar nicht. Und quartäre Entscheidungen lassen sich aus einer Kette von ternären Entscheidungen, und solche auf eine Kette von binären Entscheidungen zurückführen. Aber das ist egal. Ich war heute in der Bibliothek der Germanistik. Die haben da sogar das Comic-Jahrbuch. Ich brauche dich nicht mehr, Bibliothek in Marburg. Jede Entscheidung braucht einen Hintergrund. Unter einer Situation versteht man etwas, dass durch Entscheidungen herbeigeführt wurde. Bewusstsein ist die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. Entscheidungen sind das Bindeglied zwischen Denken und Handeln, sie machen den Menschen. Wehe, kleiner Mann, du eiferst denjenigen nach, die sich treiben lassen. Entscheiden musst du dich für jede Winzigkeit, für jedes einzelne Haar auf deinem Kopf, für jeden Handgriff. Dann bist du wer. Gestern zum Beispiel bin ich im Real gewesen und habe gefragt, ob da noch Nebenjobbler gesucht werden. Maximal nach 22 Uhr zum Auffüllen, musst du oben beim "Kundentelefon" fragen. Habe ich aber nicht gemacht. Erst fragen und doch nicht machen. Genauso. Erst nach Berlin fahren und es dann doch nicht ernst meinen. Darf ich jetzt Dinge lernen, die für meine charakterliche Entwicklung vollkommen fundamental sein werden? Muss ich dafür allerdings hier bleiben? Damit ich mal sehe, was es heißt sich durchzuschlagen. Hmm my goodness. Ich kann übrigens das Album Alopecia von Why? sehr empfehlen. Zum Song These Few Presidents konnte ich eben gut im Zimmer abspacken beim Kaffeekochen. Auf Wiedersehen. Ja richtig, ich hab jetzt keine Lust mehr. Ich freue mich auf den Gestank draußen. Alle schüren mit dieser Kohle, man kann nicht mal die Balkontür aufmachen ohne den "Gestank" zu versäumen. Ich geh jetzt mit Bier durchs lichte Treptow. Mit einem Hauch Ironie könnte man von einem Abenteuer sprechen. PS: Wenn Psychologie funktioniert, dann wollte ich so eben damit angeben, mit Bier durch Treptow zu gehen. Kann ja nich' sein, oder?

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

bist schon wieder weg etwa? dabei sprach das doch auch nicht für mr. so ganz und gar nicht.
melden sie sich, man wird ja sehen.
b.

Anonym hat gesagt…

ey vom eigenen leben anderer leute zu lesen ist wenigstens hier so langweeilig. wie die pubertät ist weß jeder muss man das noch mal lesen, du mädel