Zeitschrift für Sprungkraft und Leuchtstoff

Dualistische Ontologie: Aufgabenblatt #4

Sei me eine beliebige Instanz von Ich und f eine Relation zwischen Ich und Welt. Zeigen Sie, mit Hilfe des Kalküls der Identität zweiter Ordnung:

Hinweise:

a) ist ein einfaches Korollar aus Sartres Freiheitsgleichungen für Säugetiere.

Für b) konstruieren Sie eine beobachter-invariante Sicht auf Welt und integrieren dann über die Menge aller Subjekte. Benutzen Sie hierfür das Adagio aus Beethovens Minus Neunter.

In c) können Sie Existenz und Eindeutigkeit von Intersubjektivität voraussetzen. Schätzen Sie die Distanz zweier Ich-Instanzen zunächst mit Hilfe des Selbstgesprächtheorems für ein beliebiges Ich und dessen Unter-Ich ab und konstruieren dann eine Kommunikation K für alleine wahrgenommene paarweise verschiedene Ichs. Im Zweifelsfall lesen Sie nochmals (gründlich!) die Septemberausgabe von Auto-Motor-Sport aus dem Jahre 1997.

Virtuelle Skulptur

"life is just another epic ordinary sculpture tale." (near Rohrbrunn)

Der Atem kroch aus meiner Nase und kam über den weißen Bartstoppeln noch vor den Oberlippen zum Stillstand. Schneestaub, der sich ganz behutsam in die Poren senkt. Als mein Herzschlag verstummte, druckte exakt zur gleichen Zeit ein mit Sturmfeuerzeugen gefüllter Farbdrucker im Maschinenraum eines virtuellen Eisbrechers zweitausend Meter unter Normal Null meine Geburtsurkunde. Der erste Laut drang aus meiner Kehle. Ich überflog mit kindlicher Leichtheit die ersten Jahre und sorgte später eigenhändig für die Schwerkraft. Ich werde wieder leiser. Ich werde im Polarmeer ertrinken und wurde Geist. An der kalten Oberfläche unter dem Vulkan: Eisschollen aus Pigmentestaub im Gewitter oxidierter Tinte. Ich hole die Luft in Birkenholzfässern den Weinhang hinauf zum Sumpfbett und schlüpfte als Regenwolke über einem EKG-Gerät.

M., alles Gute für Dich und rasche Genesung!

Technologie am Beispiel des Design

Abb. 1.

Abb. 1.: Auch wenn Sie gerne fotografieren, überlegen Sie sich bitte genau, was Sie Ihren stressgeplagten Mitmenschen zumuten können. Übrigens, drehen Sie doch mal am vorderen Ring des Objektivs Ihrer DSLR. Keine Angst, Sie werden davon bestimmt nicht schärfer. Außerdem: Wenn Sie, wie es hier der Fall zu sein scheint, bei strahlender Sonne fotografieren, dann versuchen Sie mal mit etwas Unterbelichtung zu arbeiten. Wenn Sie hinterher bei der Bildbearbeitung den Kontrast erhöhen, wird das Bild nicht so blass und farblos wirken.

Fazit: Ein solcher Grasbüschel geht gar nicht. Aber: Ihnen ist zu helfen. Definitiv.

Gekonntes Design erfordert Fingerspitzengefühl. Es reicht nicht aus, einen Kohlkopf zu fotografieren und mit einschlägiger Software den Kontrast zu regulieren, um eine gute Abbildung zu schaffen. Besonders nicht, wenn diese dafür geeignet sein soll, wenigstens um die Gunst des Betrachters zu werben - wenn schon keine kommerziellen Zwecke verfolgt werden. Wir dürfen gerne glauben, dass dies vor eins zwei Generation der visuellen Kommunikation ausreichend war. Heute hingegen ist es ein kompliziertes Unterfangen in der ungeheuren Masse der meist ziemlich ausgeschlafenen Konkurrenz mit Ungewöhnlichem aufzuwarten.
Digitale Bildbearbeitung verhält sich zum bloßen Abbilden der Wirklichkeit wie Reflexion zu Betrachtung. Und Betrachtung alleine hat noch keinen intellektuellen Wert. Man erkennt den Urheber stets sofort am Ergebnis. In diesem Sinne ist im digitalen Zeitalter selbst jedes jpg-File eine Signatur einer ganz eigenen Persönlichkeit. Einerseits erkennt man sofort die Hidden Champions, andererseits ob Schritt gehalten werden konnte mit der rasanten Entwicklung heutiger Technologie.

Abb. 2.

Abb. 2.: Laiendesign. Die Fotografie einer Pflanze wurde in Sepia gesetzt und bis auf die Bildmitte entsättigt. Eigentlich nicht sehr inspiriert, stellt das Ganze aber eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorgänger dar. Es gibt keine Akzente, keine Linien die den Blick leiten. Gar nichts. Das Bild wirkt roh und angefangen. Nirgendwo sind wirkliche Entscheidungen zu beobachten. Die Technologie hat den Anwender unterdrückt. Die Bearbeitung ist halbherzig. Eine eigene Handschrift ist kaum angedeutet. Allerdings muss man dieser Arbeit eine Sache wirklich zu Gute halten. Und zwar wurden Bildausschnitt, Format und die Perspektive nicht verändert. Aber gerade in diesen Punkten ist der Unterschied zum Ausgangsobjekt gewaltig. Es zeigt sich, dass man auf die Komposition einwirken kann, ohne die Komposition direkt zu verändern. Es lohnt sich wirklich, sich diesen Umstand in aller Allgemeinheit klar zu machen und bei eigenen Bearbeitungen unbedingt zu berücksichtigen. Bei dem abgebildeten Beispiel wurde alleine durch Veränderung der Einfärbung eine komplett andere Komposition geschaffen! Etwas, was man vielleicht so nicht auf der Rechnung hatte. Begründen lässt sich dies damit, dass die kompositorische Schwäche des ersten Bildes darin bestand, dass eigentliche Objekt nicht ausreichend vom Hintergrund abgehoben zu haben. Man hätte das Objekt in etwas flacherem Winkel abfotografieren sollen. Durch die Färbung wird es erstens deutlich vom Hintergrund abgesetzt, zweitens wird der Hintergrund durch den b/w-Effekt vollständig planar. Es scheint sich geradezu der Sichtwinkel verändert zu haben.

Fazit: Die gewählten Mittel sind aber so drastisch, dass die Ursprungs'intention' völlig verwischt wurde.

Technologie ist Geist. Denn heutzutage bietet sich als Ausdruck von Geist überhaupt nichts anderes mehr an als Technologie. Kreativität alleine ist im Zeitalter der Medienrevolution Kollektivbesitz. Da gibt es nichts mehr an Identität heraus zu unterscheiden.
Das heutige Genie zeigt sich bei der Anwendung von Technologie. Hierzu erläutere ich, dass Entwicklung von Technologie nichts anderes ist als die Anwendung primärer, basalerer Technologie. Aber auch die Anwendung von Technologie geschieht je nach Intellekt des Users mit Hilfe der Entwicklung von Binnentechnologien, und wenn sich dass nur dadurch ausdrückt, dass man Short-Cuts festlegt, oder etwa einen eigenen Programmierstil hat. Damit meine ich: Auch die Benutzung von Technologie ist bereits Technologie. So ist selbst das Fahren eines Autos etwa Technologie. In einem solch umfassenden Sinne ist nachvollziehbar, warum ich propagiere, Technologie und schöpferischen Geist gleichzusetzen. Kreativität ist in dieser neuen Perspektive nicht mehr das Werkzeug zum Schaffen, sondern dasjenige, was mit Hilfe von Technologie bearbeitet wird.

Abb. 3.

Abb. 3.: Individuälles Design. Modärner Look. Diese ganz fabelhafte Arbeit genügt allen Ansprüchen, die an High-End-Design gestellt werden und zeigt den Schöpfer als bewussten Manipulator von Technologie. Es gelingt ihm, aus der entindividualisierten Befehlszeilenwelt der technologisch dominierten Kunst als Mensch herauszuragen. Und wenn wir oben die Wichtigkeit von Entscheidungen ansprachen, so wurden hier viele mutige, und wie ich finde, gute Entscheidungen getroffen. Die jetzt drastischeren Eingriffe in den Bildraum machen uns deutlich, worum es dem Designer geht. Und: Machen Sie sich einmal klar, was aus dem dürftigen Ausgangsmotiv herausgeholt wurde.

Das letzte Bild zeigt uns das Ergebnis von Technologie als bewusst technologisch. Das soll heißen: Bei den schwarzen Balken assoziert man etwa die Begrenzungslinien eines Suchers, es wird etwas wie der Prozess eines Fokussierens angedeutet. Auch das invertierte Rechteck ist konform mit dem sonst durchweg technophilen Design. Es markiert einen Bereich, der noch synthetischer wirkt als das Restbild. Wenn ich das, worauf ich hinaus will, überzeichne, könnte ich sagen, es handle sich um die Wirklichkeitswahrnehmung eines technischen Apparates, eines Roboters, eines Programmes zur Bilddatenmessung, oder einer anderen Anwendung der künstlichen Intelligenz. Das deutet sich auch schon in Abb. 2. an, wo man sich eine Fokussierung von Gegenständen wie etwa bei automatischen Bilderkennungsprogrammen vorstellt. Wo man etwa an einen Algorithmus zur Mustererkennung erinnert wird.

Fazit:
Es wirkt alles sehr diskret auf dem Bild, sehr technisch. Wenn ich Sie nicht überzeugen konnte, dann betrachten Sie nur erneut kurz Abb. 1., und auch Ihnen wird dies alles nicht zu übertrieben erscheinen.

Go off you who is a unprofessional artist bah!

"praise the professionals" --- land-art near kreuzwertheim / bavaria.

A: Sie machen Kunst?
B: Na, wonach sieht es denn aus? Haben Sie meinen Namen übrigens noch nirgendwo gesehen?
A: Und Sie machen das so richtig professionell?
B: Ja. Natürlich.
A: So richtig professionell?
B: Absolut. Ich verstehe was von dem was ich mache. Und Sie?
A: Ich? Ich gehe im Durchschnitt dreimal in der Woche scheißen.

Im vorangehend angeführten Dialog verhalten sich alle sieben Parteien nicht richtig. Vor allen Dingen dem letzten der sieben Sätze kann vorgehalten werden, dass ein solcher Ausspruch nur durch Verzweiflung und Ratlosigkeit, "Neidkultur" schlechthin, zu erklären ist. Ganz schwach!

News von Manni

Hi Fans!

Wie geht es Euch? Jaja. Muss. Muss halt. Jaja. Wahnsinn ist das laut hier.

Zum Thema. Es könnte ja sein, dass ich einen Brief bekomme, morgen um die gleiche Zeit. Ich stehe, weil eben das Postauto da war, nämlich gerade am Briefkasten. Ich bin da schnell. Post da – ich draußen – schon immer so – von klein auf. Hypothetisch ist es definitiv im Rahmen des Denkbaren, dass ein Briefchen von den Aufsehern ins Haus kommt, in dem drin steht, dass sie keine Lust mehr haben, mir meine Brötchen zu schmieren. Davor habe ich aber keine Angst. Könnt Ihr mir glauben. Wenn der Staat mich nämlich plötzlich nicht mehr füttern will, muss ich mir keine Sorgen machen. Ich baue auf Euch. Ob er das wirklich durchziehen möchte, wird er sich noch genauer überlegen. Die Medien zum Beispiel werden sehr schnell darauf aufmerksam und publizieren einen kritischen Artikel nach dem anderen. Vor allen Dingen in Blogs werden Hobbyjournalisten mir versichern, dass sie im Notfall auf ihre eigenen Sozialleistungen freiwillig verzichten, wenn ich von der Nabelschnur abgetrennt werden sollte. Wenn nämlich niemand mehr Sozialhilfe empfangen würde, kollektiv keiner, dann ist das erstens das gleiche, als würden mehrere tausend Menschen im Gleichschritt auf der Stelle und auf einer Brücke laufen oder zweitens, als würden achtzig Prozent der Kunden plötzlich ihr Geld vom Sparkonto abheben wollen. Die Brücke und die Banken sind ruiniert. Der Staat hätte zuviel Geld. Viel zu viel Geld. Liquiditätsüberschuss nennt man das und es führt direkt zur Inflation. Geld ist nichts mehr wert. Kann sich der Staat das wirklich leisten? Und außerdem, wenn niemand mehr Sozialhilfe empfängt, ist die Gesamtwirtschaftskraft ziemlich im Eimer. Wenn die Nachfrage derart einbricht, dann alles andere auch. Denk doch mal nach Staat. Die Medien, die ersten Hüter des Allgemeinwohls, werden schreien. Und erst die auflagenstarken Massenmedien, die natürlich Tricks brauchen, um so erfolgreich zu sein. Sie werden die Nachricht vom Unrecht verbreiten. Sie werden es hochspielen und ausufern lassen. Ich werde als Sündenbock für mangelndes Finanzgeschick des Staates dastehen. Die Manager, das sind die Sozialschmarotzer, nicht ich. Das werden sie sagen. Sie werden ein Drama daraus machen. Die Zitronenpresse wird den Beginn der Barbarei ausrufen. Völlig zu Recht, wenn ich daran denke, ohne Premiere auskommen zu müssen. Entschuldigt, ich selbst habe Premiere überhaupt nicht, interessiere mich aber für die Gesamtausgabe von Philipp Mainländer. Die ist sauteuer. Wer soll die mir denn bezahlen, wenn ich nicht mehr auf Stütze bin. Die Öffentlichkeit, ganz gleich ob sie jetzt das Handelsblatt, die Bild liest oder sich die Information elektronisch verabreicht, wird dies mit größtem Unbehagen zur Kenntnis nehmen, dass ich keine Kohle mehr bekomme. Sie könnten selbst Opfer einer solchen Staatsschande werden. Ja entschuldigt mal, ich weiß nicht genau, wann genau sich der Staat als Vaterfigur geoutet hat, aber jetzt auf jeden Fall muss er damit leben. Ich würde so gar von einer Mutter sprechen wollen. Da assoziiert man sofort Fürsorglichkeit. Die Öffentlichkeit jedenfalls, und damit meine ich Euch, sie wird mir ihre Solidarität versichern. Aber sie wird sie mir nicht nur versichern, sondern ihr Versprechen auch einlösen, wenn es erforderlich ist, auch mit Gewaltbereitschaft oder sogar wirklicher Gewalt, zumindest als allerletzte Option. Möglicherweise muss ich erst einen Prozess verlieren, damit die Leute für mich auf die Strasse gehen, um gegen diese Sauerei zu demonstrieren. Sie stehen für mein Recht ein. Die Polizei wird Tränengas und Schlagstock zur Waffe bringen, um zu verhindern, dass ich Wohngeld bekomme. Na klar, so was macht die Polizei. Die ist da knallhart, habe ich selbst gesehen. Damit ich als Hilfsbedürftiger das öffentliche Verkehrsnetz benutzen darf, lohnt sich das aber, das ist zumindest meine Meinung, wenn irgendwelche beliebigen Personen dafür Schmerzen in Kauf nehmen müssen.
Ich meine, mir wären sie ja auch vollkommen egal. Aber in diesem Fall geht es um mein Wohl. Und nicht dass jetzt jemand auf die Idee kommt, ich wollte irgendwelche Staatsmonetenempfänger, ja ich sage mal, veräppeln, nachäffen, und zwar weil ich bei der Bank arbeite und von Zecken rede oder so. Nein, es geht mir um mich. Und ich arbeite auch nicht bei der Bank um Gottes willen, obwohl ich Geld abheben schon als Arbeit empfinde. Muss ich das wirklich auch noch selber machen? Aber mal nicht nebenbei: Ich finde mich super und das soll auch so bleiben. Und es kann aber nicht so bleiben, wenn ich am Frühstückstisch keine Fruity Loops mehr essen kann. Wenn ich konsumiere, und zwar genau dann wenn ich den Mund aufmache, um da was rein zu tun, finde ich mich naturgemäß am attraktivsten für mich selbst. Dafür brauche ich Geld, ganz genau. Und zwar auch von Euch. Wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt tut es auch nicht weh. Verzeihung, ich esse gar keine Cornflakes, aber Frankfurter Kranz zur Champions League muss schon sein. Mindestens. Oder wenigstens ein Elferkasten Dunkles. Damit ich, ohne zu arbeiten, versorgt werde mit Dach und Magen, ist kein Liter Blut verschwendet. Keine Stunde Schmerz umsonst. Außer von mir. Und schon gar nicht von Euch. Und. Einen Liter könnte ich auch selbst hergeben. Bin ich auch ohne Weiteres bereit zu. Möglich sind auch zwei, vom Willen her gesehen, aber bei der zugehörigen Medizin bin ich nicht auf dem Laufenden. Aber ich würde den einen Liter wirklich hergeben. Ich meine, wieviel Blut kann man denn ohne Beeinträchtigung der Gesundheit spenden? Sagen wir ich könnte täglich einen Liter spenden. Einen Halben vor dem Abendessen, ohne die ganzen Nährstoffe also, und einen halben Liter nach der Mahlzeit, wo das Blut bisschen mehr Saft hat. Angenommen es würde jährlich eine Demo stattfinden, die die gerichtlichen Rückschläge beim Durchboxen meiner Gerechtigkeit jeweils kompensieren. Ich weiß jetzt gerade nicht, wie viele verschiedene Blutgruppen es gibt und wie das mit dem Rhesusfaktor ist. Bei Menschen mit bestimmtem Blutgruppen ist es ja auch so, dass von mehreren anderen Blutgruppen Transfusionen ohne Agglutinationen möglich sind. Im Detail nicht wichtig für Euch. Sagen wir ich könnte statistisch ein Achtel der Menschheit unterstützen. Sagen wir jährlich würden für mich zehntausend Menschen demonstrieren. Sagen wir die Leute mit den passenden Blutgruppen wären immer in den vorderen Konfliktzonen...

Ihr wisst doch genau was ich meine. Warum sagt ihr das dann nicht und lasst mich mein Zeug stammeln, weil ich nicht weiß, ob ihr wisst was ich meine. Ich könnte jedenfalls Blutkonserven für Euch einfrieren lassen, damit ihr für mich demonstrieren könnt. Na, ist das ein Angebot?

Jetzt ist es raus. Ach, schönes Wetter heute. Das ist eigentlich alles was ich sagen wollte. Oder findet ihr das jetzt so abartig? Schala-la-lau gegen den Sozialabbau. Kommt, jetzt gebt euch doch mal einen Ruck. Noch ist es nicht so weit, aber wenn, dann sage ich Bescheid, ok? Ich kann doch auf euch bauen, oder?

Tröööööt!

Was? Mittagspause schon vorbei? Salamibrötchen später, oder wie? Na, dann gehe ich mal wieder in die Halle. Haha! Verarscht! Mensch kennt Ihr den Manni nicht mehr? Ich arbeite gerne und mal schauen ob die Sieben auch bis um vierzehn Uhr läuft! Und nächsten Monat sind es zehn Jahre! Fahr ich extra nicht in Urlaub. Und die Kohle gebe ich als Spende für gemeinnützige Zwecke. Versprochen. Ich will, dass es allen gut geht.
Hahaha! Habt Ihr Hasen mir den Quatsch mit Blut und Demo wirklich geglaubt? Habt Ihr, oder? Ich bin doch nicht am Briefkasten ey... Bin ich Extremist oder was? Hahaha! Späske!


Aus Castrop,

Euer Manni.

Und versprecht mir, die Ohren steif zu halten. Macht ihr das für mich? Geht schon vorbei alles. Na, alles sowieso.

Das Gleichnis vom Bürgermeister

Mir wurde neulich telefonisch von der iberischen Halbinsel aus mitgeteilt, dass ich es meinen Lesern (es gibt sie?) teilweise schon zu leicht mache. Ich lasse mich nicht zweimal bitten. Im Folgenden eine kleine Geschichte. Belletristik. Die Form ist aus der Bibel entlehnt. Es handelt sich um ein Gleichnis. Bewusst unbiblisch und widerlich. Wer schafft es, das Ding zu Ende zu lesen? Ich habe es geschafft. Wenn man es aber nicht schafft, nicht schlimm. Im Gegenteil. Gehen die tiefen Erkenntnisse halt den Buckel runterrutschen.

Müde und im Uhrzeigersinn kommen die Branntweinbrenner auf Feuerrädern und erschießen die Weltveränderungen mit einem Speer, so lange nämlich, bis das kleine Bergdorf im Laufe der Jahrhunderte die Zehntausend-Einwohnergrenze erreicht hat. Wenn man den Bürgermeister dieses Fleckens fragt, was er auf eine einsame Insel mitnehmen würde, antwortet er nicht ohne Humor: Zahncreme und Bumerang. Nur zwei Sachen? Ja nur zwei. Sie dürfen aber drei. Aber der Bürgermeister schweigt. Ich werde ihn aber nicht eher verlassen bis er geredet hat, bis er einem althergebrachten Niesen das verwöhnte Obdach verwehrt. Er greift zum Alphorn. Wolle er nicht das Alphorn mitnehmen? Nein. Die Beichtgeheimnisse dieses Instruments gleichen einer achteinhalbfachen Hochsee neben der ein einschmeichlerischer Geschichtsschreiber beim Tauziehen erfriert. Es hätte keinen Sinn. Nur ein Alphorn mit Fernbedienung hätte Sinn, aber er wäre verschwindend gering. Ob nicht die Welt überhaupt keinen Sinn hätte. Doch, hätte sie, meint der mittlerweile fußkranke Bürgermeister, gelernter Altenpfleger und Nutznießer des Rechtsstaats, sie hätte einen Sinn, aber er wäre verschwindend gering. Ich beobachte ihn genau. Das gelebte Achselzucken hat hier im Kanton oberhalb des Hauses des vorlauten Glasbläsers eine spiralförmige Warteschleife zu durchlaufen, so lange nämlich, bis die Befürworter des Bunsenbrenners und die Befürworter der Limonadengeburt den Skilift unter die Autobahn verlegen. Der eisige Gebirgsbach schwemmt einen ausgespülten Pferdedarm in die gelbe Tonne im Tal. Sie ist aber schon voll und kippt um. Jetzt liegt das klebrige Ding auf einer Katze, die hinter dem Fachwerkhaus verschwindet, ebenfalls noch ganz klebrig, wie die Dorfjugend, die sich seit der Asternernte nicht mehr die Haare wusch. Ich frage abermals. Was wäre die dritte Sache. Vielleicht eine Waldbrandpatsche, schlage ich ihm vor und kaue auf einem Nussknacker aus Edelstahl. Es klingt als würde ein Schleifstein durch ein Tierheim wüten. Ich richte mir das Gebiss zu Grunde, wenn ich so weitermache. Was eine Waldbrandpatsche sei, fragt er, unschlüssig, ob er den Bierbrauern am Siedlungsrand mit einer Lohnsenkung die Auswanderung schmackhaft machen soll. Er errötet wie ein Gewehrlauf bei der Gartenarbeit. Ein mit Löschschaum eingeseifter Feigenbaum wächst aus dem Schornstein des Rathauses. Für solche Scherze ist hier Zeit. Nein, ich brauche nur zwei Dinge. Ein drittes brauche ich nicht. Ich finde, er entspricht mit seinem Hang zur Weissagung einem eingepferchten Pedalkugellager in der Umlaufbahn eines angedauten Taschenrechners. Ich beschimpfe ihn, er reagiert mit einer Flugrolle in eine brennende Kleinkunstbühne. Ich laufe im nach und erwische ihn fast doch nicht am linken Fuss, es fällt ihm ein Küchenbrett aus der Brusttasche und ich male nicht ohne Kindheitserinnerungen einen Meteor darauf. Ich drücke hierzu süßen Senf aus einer Talgdrüse am Waldrand. Eine dritte Sache, verdammt! Nein, niemals. Das Neonlicht nervt, ich werfe es zusammen mit den Insektenmodellen zum Imker, damit er es bei Zigeunern gegen Ziegenbutter tauscht, wenn er will. Ich dürste jetzt aber nach der Antwort. Ich sehe meinen Stolz bereits verletzt. Der Schweiß macht meinen zehn Zentimeter dicken Wollanorak durchsichtig. Wie kann das sein? Ein Wunder, es ist ein Wunder. Der Bürgermeister sieht es zuerst. Tatsächlich. Durchsichtig. Ich lasse sie in Frieden, sage ich ihm. Ich bekomme es mit der Angst zu tun, und obwohl ich der zehntausendste Einwohner wäre, nehme ich die Schnellbahn zum Friseur. Während ich zum Schmelzwasser führenden Abwasserhahn rudere, schreit mir der Bürgermeister hinterher, fast schon nicht mehr zu hören. Was? Nur fast? Ich kann es wirklich nicht mehr hören. Ich verstehe dich nicht, ehrenwerter Mann! Was sagen sie? Das dritte? Was? Ich lehne mich aus dem Zugfenster, aber schon komme ich mit beiden Händen in die Rotorblätter. Zum Glück ist der Kachelofen aus. Trotzdem, die Kanuten schimpften mich noch viele Jahre auf gälisch.

Stilleben mit Sanduhr und At the Drive-In

Ich habe vor einiger Zeit den Plan gefasst, einen kleinen Gedichtband zu tun, in dem sich Adaptionen von Lyrics von At-The-Drive-In finden. Ich musste aber feststellen, dass alles was ich anfange zu einer Monströsität wird. Das liegt an den meines Erachtens ziemlich schwierigen Texten, außerdem sind die ordentlich schizo und grell - und meiner formalen Dysfantasie. Es gab also nur Unfälle. Wie bei und in folgendem Gedicht. Ich bin mir auch eher unsicher, ob es die Stimmung des Songs trifft. Zum Gedichtband noch ein weiter Weg. Ich muss n o c h besser werden. Trotzdem im Folgenden zu hourglass von der "Platte" In/Casino/Out von '98 - ich habe in meiner Existenz bisher kein anderes Lied derart exzessiv gehört - eine kleine lyrische Adaption. Ich behalte mir vor, das noch zu ändern, das Teil. Ich habe das heute eh nur fertig gemacht, weil ich eigentlich was für meine persönliche Karriere hätte tun sollen. Hatte ich aber keinen Bock drauf. Also: enjoy.


Stundenglas

Meine Geschichte in Teilchen verschwindet
aus dem Gewölbe der Sanduhr zu einer
Skulptur aus einer unendlichen Acht blinder
sitzender Eingesaugter mit Gesichtern
Gesenkter, und acht mal Ich ist acht aus dem Sand.
Sind voll auf Sein in den Zeitgläsern der Acht
und geben sich stilles Radio bis zum Rand
denn der Satellit kriegt keine Ader
zum Senden und verpeilt es und fährt
ein Auto in die Sandstatuen und damit zur Schlacht.

Fahr es davon, es hat uns den Sand eingebrockt,
hat die Satelliten aus der Sanduhr gelockt
aus dem signalischem Blutstrom der Sterne
in das verbogene Metall orbit-artiger Ferne.

Jetzt sind wir hier oben und wir sind ich
und acht Stunden alleine denn der Sauerstoff ist
aufgebraucht, weggeatmet von den Schülern,
eh alles umsonst, denn gerade als um das Gehäuse
der unteren Uhr die alberne Klasse der Pause
von Sonntagsschülern mit verzogenen Gesichtern, Fühlern
die Sonntagsschüler um die Glasacht tanzten und lachten
Führerschein, was weiß ich denn machten
mit ihren Augen aus fleckigen Glas und innen drin
mit erloschenen Hirnen die Schüler
wird es mir sauerstoffdunkel und kühler.

Nach dem Crash zersschnitten die Skulpturenacht
und ich, wir in einer Explosion zur achten Stund‘
in der saugenden Schmelzung der Nacht
unseren allenen einsamen Hintergrund
in unsere Augen mir ein Astronaut zu sein
die Lehnstuhl-Freaks am stummen Radio
sind von hier oben gesehen nicht aus Sein.

Ich hab‘ zu mir gesagt, fahr das Auto zur Seite,
denn wohin tropft jetzt der Sand,
Hauptsache die Uhr ist gesund, es geht weiter,
wer ist das schönste Weltall im Land.

Ich soll den Satelliten reparieren
bin ich ein Astronaut, habe ich Arbeitstag
und habe für den Stress bitte sehr
Werkzeug am Start, Affentheater, richtig stark
ich bin alleine hier oben
Radio, hörst du mich, es saugt mich weg
Nicht so wichtig, meine Luft ist der Dreck.